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Essstörungen

Gerade in diesen reichen Ländern findet sich die Basis einer Vielzahl von Erkrankungen rund um das Essen: Die so genannten Essstörungen.

Essstörung

Essstörung ©iStockphoto/VladimirFLoyd

Unter einer Essstörung versteht man das zumeist psychisch bedingt gestörte Verhältnis einer Person zur Nahrungsaufnahme und dem Umgang mit Nahrungsmitteln im Allgemeinen. Die ungesunde, aber vorherrschende Auffassung, dass junge, gesunde und schöne Menschen erfolgreicher seien, wird unter anderem über die Medien verbreitet. In der Hektik der Gesellschaft, dem Druck im Berufsleben und den immer mehr zersplitternden Familienstrukturen fällt es vielen, insbesondere jungen Menschen, jedoch schwer, ihren Platz im Leben zu identifizieren. Fehlendes oder mangelndes Selbstbewusstsein gefolgt von psychischen Störungen gepaart mit dem Glauben an den Erfolg durch Schönheit und Schlankheit führen dabei nicht selten zu einer Manifestation eines gestörten Körperbewusstseins.

Essstörungen bilden heute für viele Menschen den Mittelpunkt ihres Lebens. Teilweise als Krankheiten anerkannt kann sowohl eine mangelnde oder fehlende Nahrungsaufnahme als auch eine unkontrollierte Nahrungszufuhr zu gravierenden gesundheitlichen Störungen führen, immer im engen Zusammenhang mit der Suche nach dem „Ich“ oder dem eigenen Platz im Leben. Eine Suche, die zur Sucht wird und sich im Umgang mit Lebensmitteln widerspiegelt.

Störung im Essverhalten

Das Essverhalten eines Menschen prägt maßgeblich den gesundheitlichen Zustand seines Körpers. Zahlreiche Störungen im Essverhalten sind heute als Krankheiten anerkannt, während andere bis heute ohne entsprechende wissenschaftliche Erkenntnisse für ihre Anerkennung kämpfen müssen. Bekannte und anerkannte Essstörungen sind die Magersucht (Anorexia nervosa) und die Bulimie (Bulimia nervosa), welche sich durch eine extreme Ablehnung einer Gewichtszunahme auszeichnen. Ebenfalls als Krankheiten eingestuft werden die Fresssucht und das „Binge Eating“. Hierbei steht das unkontrollierte und umfangreiche Essen im Vordergrund.

Darüber hinaus haben sich weitere Essstörungen einen eher versteckten Platz in unserer Gesellschaft geschaffen. So kann sich auch die bewusste, gesunde Ernährung eines Menschen zu einer Sucht entwickeln, beispielsweise in Form der Orthorexie. Hierunter versteht man das krankhafte „gesund essen“ eines Menschen, dessen Gedanken sich in jedem Moment des Tages um das Essen und einen ausgeglichenen Nährstoffhaushalt drehen. Unter der Sportsucht (Anorexia athletica) ist eine verbissene Sucht nach körperlicher, insbesondere sportlicher, Betätigung bis hin zur Grenze der körperlichen Belastbarkeit zu verstehen. Eine besondere Stellung unter den versteckten Essstörungen nimmt das Pica-Syndrom ein. Dabei nehmen die Betroffenen Dinge zu sich, die nicht zum Verzehr geeignet sind (Holz, Papier, Metall).

Allen Essstörungen gemein ist dabei der Hintergrund einer psychischen Störung. Die Essstörung selbst kann dabei als ein gefährliches Symptom gesehen werden, unter welchem die körperliche Gesundheit leidet oder gar immense Schäden davon tragen kann. Für die Behebung einer Essstörung ist es daher zwingend notwendig, nicht nur die direkten Folgen des fehlgeleiteten Essverhaltens zu behandeln, sondern durch eine gleichzeitige Behandlung der Ursache, also der psychischen Erkrankung, den Betroffenen bei seinem Weg aus der Erkrankung zu unterstützen.

Magersucht – Die Sucht, dünn zu sein

Die Magersucht wird im medizinischen Fachbereich als Anorexia nervosa bezeichnet. Anorexie bezeichnet die normale Appetitlosigkeit mit unterschiedlichen Ursachen. Die Anorexia nervosa hingegen wird als psychisch bedinge Appetitlosigkeit bis hin zur Nahrungsverweigerung angesehen. Sie zählt somit zu den psychisch bedingten Essstörungen.

In ihrer eigenen Betrachtung fühlen sich die Betroffenen stets zu dick, zu unvollkommen und als „nicht gut genug“, auch wenn ihr optisches Erscheinungsbild vom Umfeld als „schlank“ oder „sehr schlank“ eingestuft wird. Zumeist wird über die Verweigerung oder extreme Reduzierung der Nahrung eine unbewusste Abgrenzung ausgelebt. Die betroffene Persönlichkeit fühlt sich häufig in ihrem Leben zu sehr fremdbestimmt und dem Druck ihres Umfeldes unterlegen.

Die (vermeintliche) Kontrolle über die Gewichtsabnahme und somit die Gestaltung des eigenen Körpers sind das einzige, was der Betroffene glaubt, ohne den Einfluss seines Umfeldes steuern zu können. Eine Diät kann, muss jedoch nicht zwangsläufig, der erste Schritt in die Richtung der Magersucht sein. Die ersten abgenommenen Pfunde geben dem Betroffenen das Gefühl der Selbstbestätigung, die sie aus ihrem Umfeld vermissen. Dieser „Kick“ wird im Anschluss wiederholt, die eigenen „Erfolge“ immer weiter getrieben. Die Selbstwahrnehmung wird verzerrt, jede noch so kleine Gewichtszunahme zu einem Misserfolg und vermeintlichen Rückschritt. Es beginnt ein verhängnisvoller Kreislauf Die daraus resultierende Selbstverletzung durch weitere Gewichtsreduzierungen wird somit fälschlicherweise mit Selbstdisziplin und Perfektionismus verwechselt. Der Perfektionismus wird dabei auch in vielen anderen Bereichen ausgelebt, beispielsweise im Sport. Häufig kommen weitere psychosomatische Erkrankungen wie Depressionen hinzu.

Die Anfangsstadien dieser Krankheit gehen nicht zwangsläufig mit einem abgemagerten Körper einher, der eher in den späteren Stadien zu einem auffälligen äußeren Merkmal der Erkrankung wird. Stattdessen gelten rapide Gewichtsabnahmen durch die Minderung der Nahrungsaufnahme (passiver Typus), exzessiver Sport und der Missbrauch von Appetitzüglern und Abführmitteln (beim aktiven Typus) als deutliche Warnsignale der Erkrankung. Bisweilen kommt auch ein selbst herbeigeführtes Erbrechen hinzu, was als „Purging-Typ“ noch zur Magersucht gezählt wird, jedoch auch einen Übergang von der Magersucht zur Bulimie darstellen kann.

In weiteren Phasen der Magersuchterkrankung stellen sich durch die mangelhafte Nährstoffzufuhr auch vermehrt Gesundheitsgefährdungen für den Körper ein. Der vollständige Verdauungstrakt wird in seiner Funktion eingeschränkt. Die Folge sind Darmträgheit, chronische Verstopfungen, Magenkrämpfe und Nierenversagen. Durchfall und Übelkeit dienen darüber hinaus vielen Magersüchtigen als Ausrede, um ihr Umfeld bezüglich ihrer Nahrungsaufnahme zu täuschen.

Auch andere Organe werden in Mitleidenschaft gezogen: So reagiert beispielsweise das Herz-Kreislauf-System mit verlangsamtem Herzschlag, niedrigem Blutdruck, Kreislaufversagen bis hin zu Herzrhythmusstörungen. Die Blutsättigung mit Blutzucker, Sauerstoff und generell die Nährstoffversorgung des Körpers wird auf ein Minimum zurückgefahren und der Hormonhaushalt durcheinander gebracht, was Störungen des Menstruationszyklus bis hin zur Unfruchtbarkeit zur Folge haben kann.

Essstörungen – Ess-Brech-Sucht – Bulimie

Die Ess-Brech-Sucht oder medizinisch Bulimia nervosa ist wie die Magersucht eine psychisch bedingte Essstörung, die auf vergleichbaren Hintergründen basieren kann und ebenfalls mit einer verzerrten Selbstwahrnehmung einhergeht. Anders als bei der Magersucht jedoch sind an Bulimie erkrankte Personen weniger häufig untergewichtig. Bei diesem Krankheitsbild wechseln sich Heißhungerattacken mit Hungerphasen, teilweise ganz gezielt, ab.

Der Betroffene versucht in der Bulimie seine übermäßige Nahrungsaufnahme je nach Typ durch selbst herbeigeführtes Erbrechen, Missbrauch von Abführmitteln, Appetitzüglern und vergleichbaren Medikamenten oder durch Phasen der Nahrungsverweigerung auszugleichen und somit die Kontrolle über sein Gewicht und seine Körpermaße zu erlangen. Dies führt in der Regel zu einem wiederkehrenden Kreislauf, bei dem die Gier nach Essen und dem „Nachgeben“ Schamgefühle über die vermeintliche Schwäche (die Heißhungerattacken) führt. Hierfür wird ein Ausgleich gesucht, der beispielsweise durch ein Erbrechen erfolgen kann. Das Erbrechen wiederum führt zu einer „Erleichterung“, der jedoch eine Phase der Angst vor Entdeckung folgt. Es folgt eine innere Leere, die mit der Gier nach etwas gestillt werden muss – die nächste Heißhungerattacke entsteht.

Häufig geht mit dieser Erkrankung auch eine erhöhte Tendenz zum Missbrauch anderer Suchtmittel wie Drogen, Alkohol oder ein unkontrolliertes Konsumverhalten (Kaufsucht) einher. Zwangsstörungen, Depressionen oder eine übermäßige Anpassung an das Umfeld gelten ebenfalls als typische Begleiterscheinungen.

Darüber hinaus sind gerade der Bulimie-Erkrankte anfällig für eine soziale Isolation aus Angst vor Entdeckung der Essstörung, die einerseits als „unnormal“ vom Erkrankten wahrgenommen wird, andererseits aber dem Betroffenen die gleiche Abgrenzungsmöglichkeit gegenüber Fremdbestimmung bietet wie Magersüchtigen.

Tendenziell sind Bulimie-Erkrankte nach den bekannten Statistiken älter als Magersuchterkrankte. In vielen Fällen, zum Beispiel nach einer gescheiterten Therapie bei Magersucht, kann Bulimie auch eine Folgeerkrankung darstellen, da sie sich für den Betroffenen als „leichter zu verstecken“ darstellt. Dennoch sind die körperlichen Gesundheitsgefährdungen bei einer Bulimie nicht weniger lebensgefährdend als bei einer Magersucht.

Durch das regelmäßige Erbrechen wird insbesondere der Elektrolyt-Haushalt des Körpers maßgeblich gestört, wodurch der gesamte Körper unter einer Nährstoffunterversorgung leidet. Dies kann unter anderem zu Herzrhythmusstörungen führen. Auch der obere Verdauungstrakt kann stark in Mitleidenschaft gezogen werden. Insbesondere die Magensäure ist durch das Erbrechen ursächlich für eine gravierende Schädigung von Speiseröhre sowie dem Zahnapparat.

Wenn Essen süchtig macht – Fress-Sucht und Binge Eating Disorder

Ebenso wie „zu wenig“ an Nährstoffen zu einem Problem werden kann, stellt auch ein „zu viel“ die Betroffenen vor eine schwierige Situation. Im Volksmund als Fresssucht bezeichnet gilt die Binge Eating Disorder aus medizinischer Sicht heute noch nicht als eigenständiges Krankheitsbild, sondern lediglich als Zwangsstörung. Dennoch kann sie als die häufigste aller Essstörungen angesehen werden, die allein in Deutschland rund 2 % der Bevölkerung belastet.

Betroffene neigen zu Heißhungerattacken denen mit übermäßigem, unkontrolliertem Essen nachgegeben wird. Hintergründe für die Fress-Sucht sind häufig in Minderwertigkeitskomplexen und mangelndem Geborgenheitsgefühlen zu finden, die durch den Genuss von diversen Speisen kompensiert werden sollen. Was als kulinarische Belohnung beginnt, wird in der Folge der Zwangsstörung zu einem unstillbaren Hunger nach Essen als Ersatzmittel für emotionale Problembewältigungen (Frustessen). Das ganze Leben des Betroffenen dreht sich nur noch um das Essen, die nächste Mahlzeit, den nächsten „Kick“ gleich einem Drogensüchtigen auf der Suche nach dem nächsten Schuss.

Kriterien für das Erkennen einer Binge Eating Disorder, sind beispielsweise das Essen ohne Hungergefühle (aus Langeweile), das Fehlen des Sättigungsgefühls oder ein schnelles und gieriges Essen, welches erst bei Übelkeit und Völlegefühl gestoppt werden kann. Hinzu kommen Scham, Schuld- und Ekelgefühle nach dem Essen, weil die Kontrolle verloren wurde und man die Fress-Attacken als belastend empfindet. Entsprechend werden die Anfälle gerne vor dem persönlichen Umfeld versteckt – soziale Isolation ist eine nicht seltene Folge.

Anders als Essstörungen wie Bulimie und Magersucht wird die Fresssucht dabei schnell nach außen sichtbar. Die übermäßige Nahrungszufuhr ohne ausgleichende Verhaltensweisen wie Extremsport, gezielt herbeigeführtes Erbrechen oder zwischenzeitliche Hungerphasen lassen den Betroffenen vergleichsweise schnell zunehmen. Ein deutliches, krankhaftes Übergewicht (Adipositas) ist dabei mit all seinen Aspekten als Zivilisationskrankheit nur ein Faktor, der mit der Förderung anderer Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Arthritis, Stoffwechselerkrankungen und Schäden am Bewegungsapparat einhergeht. Darüber hinaus verstärken sich für den Betroffenen auch die bereits vorhandenen psychischen Probleme, beispielsweise die Isolation und Depressionen.

Versteckte Essstörungen

Das Krankheitsbild der Essstörungen ist breit gefächert und sehr variabel. Selbst die verbreiteten Essstörungen Anorexia nervosa, Bulimia nervosa und das Binge Eating Disorder sind von zahlreichen Varianten geprägt, die teilweise ineinander übergehen oder zumindest in Teilen Gemeinsamkeiten aufweisen. Neben diesen Hauptarten gibt es zahlreiche Zwischen- oder Nebenformen, die seltener auftreten und nur Teilaspekte der „großen“ Essstörungen aufweisen. Aber auch diese Essstörungen bedürfen einer Behandlung. Dabei sind einige von ihnen bis heute noch wenig erforscht und fanden bisher nicht die Anerkennung als eigenständige Krankheit durch die Medizin.

Eine dieser Essstörungen ist die Anorexia athletica, die Sportsucht. Vergleichbar mit der Magersucht spielt auch bei dieser Form der Essstörung die kontrollierte Nahrungsaufnahme und Gewichtsreduzierung eine tragende Rolle. Unter dem Vorwand der sportlichen Erfolge versuchen die Betroffenen ihr Gewicht zu reduzieren, um beispielsweise in einer niedrigeren Gewichtsklasse einer Wettkampfsportart besser abzuschneiden. Die sich zu Beginn einstellenden Erfolge werden dabei aufgrund der verzerrten Wahrnehmung dem Gewichtsverlust zugerechnet, die Reduzierung der Nährstoffzufuhr weiter vorangetrieben. Die daraus resultierende Mangelernährung und Schwächung des Körpers lässt in Stresssituationen (z.B. im Wettkampf) erhöhte Endorphin-Mengen freiwerden, die Glücksgefühle beim Betroffenen auslösen. Ab einem bestimmten Punkt jedoch kann der Körper diese Leistungen nicht mehr erbringen, während der Betroffene seine Erwartungen an sich selbst immer höher schraubt. Frust stellt sich ein, Depressionen und körperliche Beeinträchtigungen folgen.

Die Orthorexie entspricht einem zwanghaften „sich gesund ernähren“. Der Betroffene ist zumeist ursprünglich nur an der Umstellung auf ausgewogene Ernährung interessiert. Diese wird jedoch bei der Orthorexie zu einer fixen Idee, welche die Betroffenen in jeder freien Minute einnimmt. Der Essgestörte ist nicht mehr in der Lage, die Nahrungsaufnahme zu genießen, freie Zeit wird mit der Erstellung von Ernährungsplänen, Kalorienzählung und Nährstoffumsätzen verbracht und die Abweichung der Vorgaben mit Schuldgefühlen belastet. Im Extremfall führt die Orthorexie dazu, dass der Betroffene sich auf nichts anderes mehr konzentrieren kann als auf das Essen. Die Orthorexie wird somit auch zu den Zwangsstörungen gezählt.

Das Pica-Syndrom zählt zu den seltenen Essstörungen. Bei dieser Erkrankung verzehrt der Betroffene Substanzen, die nicht für den Verzehr geeignet sind, beispielsweise Papier, Holz, Pflanzenteile oder auch Metall. In der Regel gilt das Pica-Syndrom als Begleiterscheinung von diversen psychischen und geistigen Erkrankungen wie beispielsweise Demenz, Schizophrenie oder kognitive Behinderungen. Bei Kindern tritt das Pica-Syndrom bisweilen aufgrund von Verwahrlosung und nach psychischen Traumata auf. Die größte Gefahr bei dieser Erkrankung sind Vergiftungen, Mangelerscheinungen sowie Verletzungen des Magendarm-Traktes.

Der Weg in die Essstörung

Bei der Bezeichnung „Essstörung“ denken die meisten Menschen an junge Mädchen und Frauen ohne Selbstbewusstsein, die mittels Hungern und Erbrechen einem Schönheitsideal nachjagen. Tatsächlich jedoch umfassen solche Vorurteile nur einen Bruchteil dessen, was den Beginn einer Essstörung und deren Umfang ausmacht. Theoretisch kann jeder Mensch von einer Essstörung betroffen sein, wenn den vorliegenden, belastenden Situationen nicht mit der nötigen Stabilität der Persönlichkeit begegnet werden kann. Und so individuell wie der Mensch selbst ist, können auch die Ausprägungen der jeweiligen Essstörungen sein.

Auslöser von einer psychisch bedingten Essstörungen wie Magersucht, Bulimie und Ess-Sucht sind zumeist starke seelische Belastungen oder psychische Traumata (z.B. sexueller Missbrauch, Gewalt innerhalb der Familie, Scheidungskrieg der Eltern), denen ein Mensch aufgrund mangelndem Selbstbewusstsein oder vergleichbaren Defiziten in der Persönlichkeitsstruktur wie einer verzerrten Selbstwahrnehmung (insbesondere des eigenen Körpers) nicht standhalten kann.

Entsprechend sind unter den Betroffenen sicherlich eine große Zahl von jungen Frauen vor, während und nach der Pubertät zu finden, die sich durch Anmerkungen von Freunden, Familienmitgliedern oder aufgrund von Idealbildern dazu angeregt fühlen, mit sich und ihrem Aussehen ins Gericht zu gehen. In den letzten Jahren konnte aber auch ein deutlicher Zuwachs an männlichen Essgestörten verzeichnet werden. Allein bei der Anorexia nervosa finden sich rund 10% Betroffene männlichen Geschlechtes. Bei der Anorexia athletica ist der Anteil der männlichen Vertreter noch größer.

Merkmale von Essstörungen

Bei einer labilen Persönlichkeitsstruktur mit Identifizierung über das Aussehen kann eine Diät zu einer Essstörung führen, muss es aber nicht zwangsläufig. Der Übergang vom normalen Diäten oder einer Ernährungsumstellung hin zur Essstörung ist dabei jedoch fließend, so dass vielfach die Differenzierung schwer fällt.

Typische Merkmale, für den Übergang in eine Essstörung ist jedoch eine gravierende Veränderung der Ernährungsgewohnheiten mit einer deutlichen Gewichtsveränderung, zumeist einer deutlichen Gewichtsreduzierung. Hinzu kommt zumeist ein stark hervortretender Perfektionismus der insbesondere (aber nicht nur) in allen Belangen mit den Themen Essen und Gesundheit zu finden ist, häufig auch Sport, welcher in übertriebenen Maß betrieben wird. Da Perfektionismus jedoch durchaus auch eine persönliche Eigenschaft sein kann, ist auch hier noch nicht zwangsläufig eine Essstörung vorhanden.

Wenn jedoch in Gesprächen zum Thema Gewicht und Essen die Reaktionen des Betroffenen zeigen, dass eine verzerrte Selbstwahrnehmung und ein geringes Selbstwertgefühl vorhanden sind, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass eine Essstörung vorliegt.

Gehen die Verhaltensmuster über diese Übergangsphasen hinaus, macht sich dies zumeist durch ein akribisches Zählen von Kalorien und deren Reduzierung anhand der Analyse von Energiebilanzen bemerkbar. Die Waage und die Beschäftigung mit dem Essen bestimmen immer mehr den Alltag des Betroffenen. Werden Betroffene darauf angesprochen, reagieren die meisten abweisend und abwehrend und verlagern diese Tätigkeiten immer mehr in die Heimlichkeit oder erfinden Ausreden, warum sie heute nicht mit essen oder zum wiederholten Mal keinen Hunger haben, während sie beispielsweise an anderen Tagen Fressattacken haben oder nach der Mahlzeit heimlich im Badezimmer verschwinden.

Gerade die Verlagerung der Verhaltensmuster in die Verborgenheit führt häufig zur Isolation und zeigt, dass die Krankheit bereits sehr weit fortgeschritten und professionelle Hilfe angeraten ist.

Essstörungen bei Männern

Grundlegend geht man davon aus, dass die gemeinhin bekannten Essstörungen wie Magersucht und Bulimie eher „Frauen-Krankheiten“ sind. Dennoch sind in den vergangenen Jahren auch immer mehr Männer von den unterschiedlichen Varianten der Essstörungen betroffen.

Genaue Forschungsergebnisse dazu stehen bislang aus, es gibt jedoch einige Theorien, die unter anderem mit der Verschiebung der Gesellschaftsstrukturen und der Emanzipation beider Geschlechter in Verbindung stehen. Hierbei wird davon ausgegangen, dass der Verlust der Position des Mannes als Ernährer der Familie und die Emanzipation der Frau gleichzeitig eine Annahme der ehemals weiblichen Verhaltensmuster von den Männern zur Folge haben kann. Dies soll nicht zuletzt auch bei männlichen Scheidungskindern der Fall sein, die ausschließlich oder vorwiegend von weiblichen Bezugspersonen erzogen wurden.

Bei männlichen Betroffenen findet man die Binge-Eating-Disorder sowie die Anorexia athletica (Sportsucht) deutlich häufiger als die typischen Magersucht- und Bulimie-Fälle. Hierbei vermutet man neben der veränderten Gesellschaftsstruktur einerseits die noch aus der Vergangenheit herrührende, unbewusste Vorstellung, dass sich das Übermäßige Essen nur reiche und erfolgreiche Menschen leisten können bzw. ein sportlicher, energiegeladener Körper ein Zeichen für Disziplin und körperliche Kraft darstellt – auch ist hier wieder der Aspekt des Erfolges auffällig, dem der Betroffene nacheifert.

Die genauen Gründe für die Zunahme von Essstörungen bei Männern müssen jedoch durch wissenschaftliche Untersuchungen erst noch bestätigt werden.

Essstörungen im Internet

Das Internet bietet für jede Problematik und jedes Thema aus dem Leben des Menschen eine entsprechende Plattform. Auch Menschen mit Essstörungen finden hier vielfältige Informationen über ihr Krankheitsbild, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten. Darüber hinaus findet sich in vielfältigen Foren die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme mit anderen Betroffenen.

Dieser Kontakt kann helfen, die Krankheit und ihre notwendige Behandlung besser zu verstehen, doch finden sich gerade im Internet auch einige Webseiten, die genau diesem entgegen stehen, beispielsweise die Seiten der Teilnehmer an den Bewegungen „Pro Ana“ und „Pro Mia“. Beide Bewegungen verstehen sich als Philosophien, die über ihre Kürzel ihre Befürwortung von Magersucht (Pro Ana) und Bulimie (Pro Mia) ausdrücken. Hier sollen Betroffene, die sich mit ihrer Erkrankung unverstanden und allein gelassen fühlen, Unterstützung und eine Art „Ersatzfamilie“ finden.

Nach außen stellen sich die Beteiligten dieser Bewegungen zumeist als Erkrankte dar, die offen zu ihrer Essstörung stehen und für sich die Diagnose als „nicht heilbar“ akzeptiert haben. Ehemalige Insider berichten jedoch von einer Verherrlichung der Essstörungen, von Tipps und Tricks für das Verstecken der Erkrankung vor dem persönlichen Umfeld, die Motivation zum weiteren Abnehmen und die Forderung von Gehorsam gegenüber den so genannten „10 Geboten“ an ihre Teilnehmer. Diese Gebote beinhalten dabei einzig das weitere Abnehmen, die Förderung der Krankheit sowie die Abgrenzung gegenüber Gesunden.

Wer sich von den Teilnehmern gegen die Erkrankung und für Heilung ausspricht oder die Bewegung vernachlässigt (Forenbesuch, Kontaktpflege, Dokumentation des Gewichtes etc.) muss mit Sanktionen bis hin zum Ausschluss aus dem Forum rechnen. Somit rutscht der Betroffene noch tiefer in den Kreislauf der Essstörung hinein.

Erkennen und Handeln – Der Weg aus der Essstörung

Wenn eine Essstörung vorliegt, erkennt das nahestehende Umfeld zumeist früher die Bedrohung für den Betroffenen als er selbst. Wie bei anderen psychisch bedingten Erkrankungen muss auch hier erst die Erkenntnis beim Betroffenen einsetzen, bevor eine aktive Behandlung möglich ist.

Gerade für Angehörige ist es häufig schwierig, eine Essstörung auch als Erkrankung anzuerkennen. Die sichtbaren Merkmale wirken auf die nicht selbst betroffenen Personen wie eine „schlechte Angewohnheit“, die man sich sowohl antrainieren als auch wieder abtrainieren kann. Lediglich der „Gute Wille“ müsse dafür vorhanden sein. Dabei handelt es sich jedoch um einen Trugschluss. Die sichtbare Störung des Essverhaltens ist nur ein Symptom, welches einer tieferliegenden Ursache entspringt. Die Verhaltensmuster bei Essstörungen gleichen denen einer Suchterkrankung und müssen auch wie eine solche behandelt werden.

Die Problematik stellt sich dabei insbesondere beim „Suchtmittel Essen“. Während man einem Drogensüchtigen die Abstinenz ermöglichen kann, ist die Abstinenz vom Essen unmöglich. Daher ist es bei dem Weg aus der Essstörung von immenser Wichtigkeit, neben der Behandlung der körperlichen Erkrankung und der Therapie hin zum richtigen Essverhalten auch stets die Ursache für die psychische Störung, insbesondere der verzerrten Selbstwahrnehmung, in Angriff zu nehmen. Aus diesem Grund wird zumeist für den Start der Behandlung ein stationärer Aufenthalt in einer Fachklinik empfohlen, die später durch eine ambulante Therapie ergänzt wird.

Erst wenn der Betroffene wieder für die Bedürfnisse seines Körpers sensibilisiert ist, ein regelmäßiges und ausgewogenes Essverhalten und ein gestärktes Selbstwertgefühl entwickelt hat, kann von einer Genesung von einer Essstörung die Rede sein. Alle anderen Ergebnisse können nur als Teilerfolge auf dem langen Weg zur Heilung angesehen werden. Wobei die Gefahr eines Rückfalls in die Essstörung wie bei jeder Sucht zu einem ständigen Lebensbegleiter wird.

Essstörungen erkennen

Jede Abweichung von einem als normal anzusehenden Essverhalten sollte mit einer objektiven Betrachtung bedacht werden. Häufig sind es Freunde und Familienmitglieder, die als erste die Veränderungen an dem Betroffenen wahrnehmen. Erschwert wird die Situation durch die zumeist stattfindende Verleugnung der Essstörung durch den Betroffenen selbst.

Ob eine Essstörung vorliegt, sollte in jedem Fall von einem Arzt geklärt werden. Erste Hinweise über eine Abweichung von normalem Essverhalten kann man jedoch gegebenenfalls auch von einem Diätassistenten oder einem Ernährungsberater bekommen.

Wenn Hinweise aus dem Freundes- oder Bekanntenkreis auf einen selbst treffen, sollte man sich nicht scheuen, seine eigenen Essgewohnheiten und das Verhältnis zum eigenen Körper mit den Merkmalen einer Essstörung zu vergleichen. Ebenso sollte man bei entsprechenden Beobachtungen im Essverhalten anderer Personen einen unverbindlichen Hinweis geben, ohne die Person mit Vorwürfen zu konfrontieren (z.B. „Du bist ja viel zu dünn! Iss mal was, du Hungerhaken“).

Sollte die Person nicht auf die Hinweise reagieren und sich das Verhalten verstärken, ist es sinnvoll, entsprechend Angehörige oder auch einen Arzt auf die Problematik aufmerksam zu machen. In jedem Fall sollte man dabei jedoch bedenken, dass es sich bei einer Essstörung um eine Erkrankung handelt, die Hilfe bedarf und keine „schlechte Angewohnheit“, die man einfach ablegen kann.

Hilflos oder aktiv – Angehörige von Essgestörten

Ein Patentrezept, ob Angehörige von Essgestörten aktiv oder passiv auf die Essstörung aufmerksam machen sollten, gibt es nicht, da die Hintergründe der psychischen Situation des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sind.

Bedenkt man, dass eine Essstörung eine Art „Hilfeschrei“ der Psyche ist, bei dem es häufig um die Abgrenzung gegenüber der Fremdbestimmung des persönlichen Umfeldes geht, wird schnell klar, dass Angehörige von Essgestörten der Situation oft hilflos gegenüber stehen. Jedes Drängen des Betroffenen auf eine Rückkehr zum Essen oder einer Begrenzung der Mengen wird von dem Betroffenen selbst als Angriff gewertet, den es abzuwehren gilt.

Darüber hinaus ist durch die verzerrte Selbstwahrnehmung des Betroffenen häufig auch sein Bild des Umfeldes eher subjektiv denn objektiv. Die gesunde Mahlzeit der Mutter wird als „Kalorienbombe“ angesehen und die ausgewogene Vielfalt im Speiseplan wird vom Betroffen als ein „wahlloses in sich hineinstopfen“ der anderen Familienmitglieder bewertet, was insbesondere dann schwierig wird, wenn die Familie aus Gewohnheit viel schwere Hausmannskost auf den Tisch bringt.

Echtes Verständnis gegenüber dem Betroffenen kann dabei nur jemand aufbringen, der die Situation aus eigener Erfahrung kennt. Nicht-Betroffene werden bei entsprechender Aufzeigung von Verständnis für den Betroffenen als „Heuchler“ angesehen. Wenngleich das persönliche Naturell einer von einer Essstörung betroffenen Person eine wichtige Rolle dabei spielt, wie man ihn darauf hinweisen kann, so sollten sich Angehörige stets den fachlichen Rat eines Arztes oder einer fachkundigen Person holen, wie sie den Betroffenen dazu bringen können, sich Unterstützung und Hilfestellung zu holen.

Erste Schritte aus der Essstörung

Einer der schwierigsten Schritte auf dem Weg zur Heilung einer Essstörung ist die Anerkennung der Krankheit durch den Betroffenen und dessen Wunsch nach Veränderung der Situation. Die besten Behandlungsmethoden und Therapien bringen dem Erkrankten nichts, wenn die Einsicht fehlt. Ist dieser Schritt jedoch geschafft, kann durch die Unterstützung des Arztes eine entsprechende ambulante oder stationäre Behandlung begonnen werden.

Die Behandlung sollte dabei nicht nur die Symptomatik der körperlichen Beschwerden beheben, sondern dem Betroffenen auch die Möglichkeit geben, mittels geeigneter Psychotherapien durch Ursachen der Erkrankungen zu erforschen und zu erarbeiten. Nur durch die Mitbehandlung der Ursachen besteht eine echte Chance auf Heilung der Erkrankung.

Nach der Behandlung kann eine weitere Hilfestellung durch weiterführende Therapien und begleitende Selbsthilfegruppen dem essgestörten Menschen ebenfalls helfen, wieder in ein normales Leben zurückzufinden. Hierfür müssen insbesondere alte Verhaltensmuster abgelegt und durch neue ersetzt werden. Gerade bei Selbsthilfegruppen findet der Betroffene Menschen, die im Gegensatz zu seinem persönlichen Umfeld die eigene Gefühlslage verstehen und gegebenenfalls Hilfestellung und Tipps geben können, wie man in rückfallgefährdenden Situationen am Besten reagieren kann.

Essstörungen und ihre Folgen

Nach der Behandlung einer Essstörung denken viele Außenstehende, dass das Leben des Essgestörten normal weitergehen kann. Tatsächlich jedoch kann eine Essstörung eine Reihe von Folgen mit sich bringen, die auch nach der Behandlung der Erkrankung im Lebensmittelpunkt bleiben. Dazu zählen sowohl körperliche als auch seelische Einschränkungen.

Die Essstörung zieht in der Regel körperliche Beschwerden nach sich, die sowohl durch Überbelastung als auch durch Unterversorgung des Körpers entstehen. Die Regulierung des Körpergewichtes kann dabei nur ein Schritt zur Gesundung sein. Wurden jedoch Organe in Mitleidenschaft gezogen, so ist zu erwarten, dass diese eine deutlich längere Regenerationszeit benötigen als der gesamte Körperzustand. So kann beispielsweise das Herz durch eine langfristige Unterversorgung bei Magersucht und Bulimie Schäden davon tragen, die das Risiko eines Herzinfarktes oder einer anderen Herzerkrankung auch nach der Heilung deutlich erhöhen.

Auch psychisch muss der Betroffene für seine Genesung Schwerstarbeit leisten. Alte Verhaltensmuster müssen durchbrochen, neue erlernt und verinnerlicht werden. Darüber hinaus gilt es, die Ursache der Essstörung zu beheben und neue Wege zu finden, mit Problemen umzugehen. Und nicht zuletzt kommt die weitere psychische Belastung hinzu, sein Leben neu zu ordnen, beispielsweise neue Kontakte zu knüpfen, die aus der Isolation herausführen. Diese kann in Stresssituationen zu Rückfällen in die alten Verhaltensmuster führen.

Bisweilen kämpfen Essgestörte auch mit dem Beginn einer neuen Verhaltensstörung, die im Bereich der Suchtproblematik auch als Suchtverlagerung bezeichnet wird. Das Suchtmittel „Essen“ wird auf dem Weg in die Genesung sozusagen gegen etwas anderes ausgetauscht. Hierbei gilt es, positive Alternativen zu finden, welche dem Betroffenen nicht schaden, wenn sie an die Stelle der Essstörung treten, bis die Genesung so weit voran geschritten ist, dass der Betroffene sie vollständig loslassen kann.

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